Yoga für besseres Gehör
Aufgrund der Besonderheit der Hörschädigung beanspruchen schwerhörige und taube Menschen ihre anderen Sinne stärker. Häufig führt dies zu Erschöpfung und Konzentrationsschwäche. Auf längere Sicht können diese Symptome sich aber auch verschlimmern und Depressionen, Burn-out, Tinnitus und Hörsturz hervorrufen. Heilungsfördernd für Tinnitus-Betroffene kann Yoga sein.
Genesen durch Entspannen
Yoga ist ein einfacher Entspannungsweg, welcher es erlaubt, eine bessere Beziehung zum eigenen Körper aufzubauen und gelassener zu werden. Menschen, die regelmäßig Yoga machen, erleben eine spannungslösende Wirkung und einen spürbaren Zugewinn an und Wohlbefinden und innerer Kraft. Zurecht, denn die meditativen Körper- und Atemübungen eignen sich sehr gut als Methode, um Stress abzubauen.
Entspannungsverfahren sind eine wesentliche Säule der klinischen Tinnitus-Behandlung, gemeinsam mit sportlicher Betätigung und achtsamkeitsbasierter, systematischer Stressreduktion. Denn sobald ein Tinnitus-Geräusch wahrgenommen wird, ist maßgeblich die negative körperliche, emotionale und kognitive Stressreaktion schuld, dass das Ohrgeräusch stetig und unangenehm wird.
Wird der Tinnitus nämlich durch eine innere Abwehr- und Stressreaktion als „bedrohlich“ eingestuft, zieht das unwillkürlich eine ständige Aufmerksamkeit für das Geräusch nach sich. Eine gezielte Entspannung kann Abhilfe schaffen und in der frühen Akutphase betrieben dazu beitragen, dass das Ohrgeräusch wieder abklingt und sich nicht zu einem dauerhaften Leiden entwickelt.
Vielen Menschen ist aber nicht bewusst, wie wichtig eine gezielte Entspannung bei der Überwindung eines Tinnitus ist – dabei ist bewiesen, dass nicht eine vermeintliche Schädigung des Innenohrs, sondern Stress meist die Hauptursache für die Hörstörung ist. Deshalb kann ein systematischer Stressabbau dazu beitragen, dass das Leiden und die Aufmerksamkeit für einen Tinnitus maßgeblich schwinden.
Klinisches Yoga gegen Tinnitus
Da Yoga auch von der Deutschen Tinnitus-Liga empfohlen wird, wundert es nicht, dass Tinnitus-Kliniken Yoga-Übungen in ihre Behandlungen mit einbeziehen. Langjährige Patienten sprechen von „sehr guten“ Erfahrungen mit Yoga als Baustein ihrer Tinnitus-Therapie.
Denn Yoga bewirkt eine Verbesserung der Tinnitus-Symptomatik, Schlafqualität und Stimmung, vermindert Ängste und Depressionen und fördert deutlich die Entspannungsfähigkeit der Patienten. Diese sind zumeist positiv überzeugt, ihre Stressgefühle besser kontrollieren und bewusst reduzieren zu können und ihre Gedanken aktiv vom Tinnitus abwenden zu können. Das führt zu einer verbesserten Aufmerksamkeit, einem gestiegenen Gefühl von Entspannung und Wohlbefinden und einer deutlichen Zunahme von Selbstbewusstsein und -vertrauen.
Praxistipp: Eine häufige Schwierigkeit für Tinnitus-Betroffene ist, dass Entspannungsübungen üblicherweise in ruhiger Umgebung vollzogen werden. Während die meisten Menschen sich in stiller Umgebung am besten entspannen, fällt es Tinnitus-Patienten gerade dann besonders schwer! Damit sie sich trotzdem ganz und gar aufs Yoga einlassen können, können sie beim Praktizieren beruhigende Musik oder Naturklänge laufen lassen.
Mit Yoga beginnen
Ein spezielles Yoga gegen Tinnitus gibt es nicht. Aber bei der großen Bandbreite an Yoga-Angeboten finden sich für Tinnitus-Betroffene sicherlich gemäßigte Varianten, die es ihnen erlauben zu entspannen. Obwohl es sich empfiehlt, Yoga möglichst täglich zu praktizieren, muss diese tägliche Praxis nicht lang sein: Schon 15 Minuten können einen großen Unterschied beim gesundheitlichen, körperlichen und seelischen Wohlbefinden machen und einen gezielten Stressabbau fördern.
Man beginnt am besten mit einem Anfängerkurs, welcher einen behutsam in die Methode des Yoga einführt und einem die vielfältigen Übungen beibringt. Übungsstunden kombinieren in der Regel Körperübungen, sogenannte „Asanas“ und Phasen der Tiefenentspannung sowie Atem- und Meditationsübungen.
Aufgrund der besonderen Wahrnehmung ihrer Umwelt brauchen hörgeschädigte Menschen aber einen etwas anderen Yogaunterricht – einen, der auf ihre Sprache und ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. Hierzu zählen:
- Ein größerer, quadratischer Raum, in welchem die Yogamatten so platziert werden, dass alle Kursteilnehmer den Yogalehrer gut sehen können.
- Ein Yogalehrer, welcher sich erstens nicht durch den Raum bewegt und dabei spricht, sondern stattdessen stehen bleibt oder seinen Bewegungsradius klein hält. So ist er gut sichtbar, wenn er Übungen erklärt. Zweitens sollte der Lehrer seine Erklärungen in der Praxis aus verschiedenen Blickwinkeln verdeutlichen und diese Praxisübungen wiederholen.
- Die Übungs- und Bewegungsabläufe sollten gemeinsam praktiziert werden, sodass sie einfacher verinnerlicht werden können.
- Eine gute Ausdauer, Kondition und Konzentration vonseiten des Lehrers, denn der Yoga-Unterricht für schwerhörige und taube Yoga-Anfänger erfordert besonders zu Beginn eine intensive Anleitung, um das Wissen um die Übungen und Atemtechniken tief und nachhaltig zu festigen. Ist dieses Wissen einmal verinnerlicht, kann der Folgeunterricht mit kurzen Andeutungen zu Yoga-Asanas fortgeführt werden.
Der Yogalehrer sollte sich außerdem langsam und deutlich artikulieren, durch eine klare Mimik und Gestik die Kommunikation mit den Kursteilnehmern unterstützen und ihnen ins Gesicht schauen.
Zahlt die Krankenkasse?
Angebote für zehnstündige Anfänger-Yogakurse gibt es schon ab rund 100 Euro. Viele Krankenkassen übernehmen sogar im Rahmen ihrer Programme zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge einen Großteil der Kosten. Wer interessiert ist, kann sich bei der eigenen Kasse nach Fördermöglichkeiten und Kursangeboten in der eigenen Region erkundigen.
Da Yoga sich grundsätzlich für Menschen aller Altersklassen eignet und maßgeblich zur Stressbewältigung und -verminderung beiträgt, können die entspannungsfördernden Übungen auch erkrankten und hörgeschädigten Menschen helfen zu genesen. Für Letztere lassen sich auch passende Angebote und Lösungen finden, sodass sogar einem Tinnitus positiv entgegengewirkt werden kann.