Wie rentabel ist Hörvorsorge?
Gibt es einen Return on Investment (ROI) bei der Hörversorgung? Um das herauszufinden hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen einer Modellstudie eine Kosten-Nutzen-Betrachtung verschiedener Maßnahmen gegen Hörverlust durchgeführt. Das Ergebnis: Hörvorsorge lohnt sich sogar sehr.
Eine unversorgte Hörminderung hat nicht nur gesundheitliche Folgen, sondern bringt auch hohe gesamtgesellschaftliche Folgen mit sich. So wird die wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft durch unbehandelten Hörverlust auf 750 Milliarden US-Dollar weltweit jährlich geschätzt. Frühzeitige Hörversorge lohnt sich, nicht nur für den Einzelnen, sondern für die Gesellschaft. Denn die Investitionen in Hörgesundheit sind viel geringer als der monetäre Gesamtnutzen.
WHO-Studie untersucht Rentabilität der Hörvorsorge
Um der zunehmenden Prävalenz von Hörverlust entgegenzuwirken, hat die WHO ein Kompendium der wichtigsten evidenzbasierten Ohr- und Gehörpflegemaßnahmen zusammengestellt. Wie kosteneffizient sind diese Maßnahmen und welche Auswirkungen haben sie auf den Haushalt der verschiedenen Länder?
Die WHO hat die finanziellen Investitionen untersucht, die zwischen 2020 und 2030 notwendig sind, um die Leistungen der Basisversorgung auf das empfohlene Niveau zu heben. Gleichzeitig wird der Nutzen für die Gesellschaft betrachtet, die jeder investierte US-Dollar in die Hörgeräteversorgung mit sich bringt, inklusive des Gesundheitsaspekts in behinderungsbereinigten Lebensjahren (DALYs) und Produktivitätsgewinnen durch verbesserte Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Analyse zeigt: Hörvorsorge lohnt sich auch monetär.
Modell mit drei Szenarien
Die WHO berechnete drei Szenarien. Dabei wurde der monetäre Wert der zusätzlich zu den Produktivitätsgewinnen vermiedenen DALYs mit den in jedem Szenario erforderlichen Investitionen verglichen:
- Business-as-usual- (weiter so) Szenario: Die derzeitigen Aktivitäten werden weiter fortgeführt.
- Progress- (Fortschritts-) Szenario: Der Versorgungsgrad wird um 50 Prozent ausgebaut oder das Ausgangsniveau bleibt gleich, wenn der Versorgungsgrad bereits über 50 Prozent liegt.
- Ambitious- (ehrgeiziges) Szenario: Ein Versorgungsgrad von 90 Prozent ist durch nachhaltige Investitionen und eine strikte Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen durch die Politik erreichbar. Viele Länder haben beim Neugeborenen-Hörscreening bereits einen Versorgungsgrad von 90 Prozent erreicht, nicht aber bei Screening und Versorgung von Erwachsenen. Daher ist das Erreichen eines Versorgungsgrades von 90 Prozent ein durchaus ehrgeiziges Ziel.
Was sind die HEAR-Maßnahmen?
Unter dem Akronym HEAR fasst die WHO ein Bündel von vier evidenzbasierten und in ihrer Verbreitung quantifizierbaren Interventionen zur Hörvorsorge und Hörversorgung zusammen. Diese sind im Einzelnen:
- Hörscreening und Intervention für Neugeborene und Kleinkinder, Kinder im Vorschul- und Schulalter, ältere Erwachsene und Erwachsene mit höherem Risiko für Hörverlust
- Vorbeugung und Behandlung von Ohrkrankheiten
- Zugang zu Technologien wie Hörgeräten, Cochlea-Implantaten oder hörunterstützenden Technologien
- Bereitstellung von Rehabilitationsdiensten.
Hörvorsorge führt zu weltweiten Produktivitätsvorteilen
Die Ausweitung der vier HEAR-Maßnahmen auf einen Versorgungsgrad von 90 Prozent erfordert globale Gesamtinvestitionen von bis zu 8 Milliarden US-Dollar über zehn Jahre. Diese Investition verspricht dank geschätzten 130 Millionen vermiedenen DALYs erhebliche Gesundheitsgewinne, die einem Geldwert von ein bis drei Billionen US-Dollar entsprechen. Gleichzeitig werden Investitionen in die Hörvorsorge bis zum Jahr 2030 weltweit zu Produktivitätsvorteilen von mehr als zwei Billionen US-Dollar führen. Insgesamt entsprechen diese Vorteile einer Rendite von fast 15 US-Dollar je investiertem US-Dollar. Investitionen in Hörgesundheit sind also kein Kostenfaktor, sondern erzielen einen hohen ROI. Hörvorsorge lohnt sich!
Das Ambitious- (ehrgeizige) Szenario schätzt, dass 239 Milliarden US-Dollar Investitionen erforderlich sind, um die Abdeckung mit HEAR-Maßnahmen in den nächsten zehn Jahren auf 90 Prozent zu erhöhen. Auch wenn diese Zahl schwindelerregend erscheinen mag, erfordert dieses Ziel weniger als 45 US-Dollar pro Person über zehn Jahre in Ländern mit einem hohen Einkommen. In Ländern mit geringem Einkommen belaufen sich die Investitionen auf weniger als 20 US-Dollar pro Person. Durch diese Investitionen ließen sich fast 130 Millionen DALYs vermeiden.
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