Was unsere Stimme verrät
Anhand der Stimme und der Betonung können wir die Gefühle des Sprechenden hören. Dies kann sogar soweit gehen, dass wir die Nervosität des Sprechers selbst spüren.
Auf einen Blick
- Unabhängig vom Gesagten kann man die wahren Absichten dahinter hören
- Die Stimme entscheidet über Sympathie und Kompetenzeinschätzung
- Schon Babys kommunizieren über die Betonung ihrer Laute
Wer gerne Hörmedien konsumiert, kennt sie, die Stimmen die einen in den Bann ziehen. Die Klangfarbe und die Betonung entscheiden darüber, ob wir einem Sprecher gerne zuhören. Klang und Betonung können uns entspannen oder aufwühlen, und zwar unabhängig vom Gesagten. Beides hat sogar Auswirkung, wie wir die Kompetenz einer Person einschätzen und wie sympathisch wir einen Redner finden. Schon im Babyalter beruhigt uns die vertraute Stimme unserer Eltern. Bereits im Alter von sieben Monaten sind wir in der Lage, anhand der Stimmlage zu erkennen, ob jemand glücklich ist oder nicht. Dies fand eine Studie von Tobias Grossmann vom Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften heraus. Doch wie kann das sein?
Unser Gehör ermöglicht uns Empathie
Oft reicht es uns aus zu hören, wie sich die Tonhöhe während der Worte verändert und wie dabei geatmet wird. Schon entscheiden wir, ob uns unser Gegenüber sympathisch ist. Das liegt daran, dass wir als Zuhörer unbewusst und innerlich einen Sprecher imitieren. Das kann so weit gehen, dass wir die Nervosität des Erzählenden nur durch das Hören seiner Stimme auch verspüren. Es kann sogar sein, dass wir uns räuspern müssen, weil wir zu lange gehört haben, wie jemand beim Sprechen sein Räuspern unterdrückt.
Aber auch angenehme Gefühle können alleine durch die Stimme ausgelöst werden. So kann ruhiger Atem mit einer sanften und melodischen Stimme uns beruhigen. Möglich machen dies die Spiegelneuronen in unserem Gehirn. Diese lassen uns durch meist unbewusst wahrgenommene Details am Gegenüber nachempfinden, was in ihm vorgeht.
Unser Gehör ist ein Lügendetektor
So können wir auch hören, was unser Gegenüber im Sinn hat. Denn auch die Absicht ist über die Stimme bei genauem Hinhören zu erkennen. Wir müssen nur auf die Details achten. Denn unsere Ohren nehmen auch Zwischentöne war und leiten diese an das limbische System weiter. Den Teil unseres Gehirns, der dafür sorgt, dass Umweltreize Gefühle in uns auslösen. Die meisten Menschen kennen diesen Effekt.
Beispielsweise wenn ihnen ein Freund sagt, es gehe ihm gut, aber Sie innerlich spüren, dass ihn irgendetwas bedrückt. Dann war es vielleicht ihr Ohr, dass ihnen dies verraten hat. Denn unsere Gemütslage beeinflusst unsere Sprechmuskulatur. Traurigkeit lässt diese beispielsweise erschlaffen. So reagieren die Stimmlippen verzögert und vibrieren sanfter. Unsere Stimme hört sich dadurch tiefer an, aber auch kraftloser und undeutlicher. Sind wir gelangweilt oder mit den Gedanken woanders, dann merkt unser Zuhörer das daran, dass uns auf einmal die Betonungen fehlen, alles monoton klingt und die Atmung dabei flach ist.
Auch Stress hat auch großen Einfluss auf unsere Stimme. Diese wird dann ganz dünn und klingt als wäre die Kehle verengt. Dabei spielt die Grundstimmhöhe eine untergeordnete Rolle. Entscheidender ist das Gesamtbild der Betonung und die Ehrlichkeit des Sprechers. Denn unser Gehirn mag es nicht, wenn das gesagte und die „Aussage“ des Stimmklangs nicht zusammenpassen.
Aber es ist auch nicht unmöglich, die Stimme vollumfänglich zu beherrschen. Sehr gute Schauspieler sind durchaus in der Lage, Gefühle und situationsangepasste Stimmungen auch im Stimmklang völlig glaubwürdig darzustellen. Dabei spielt es keine Rolle, woher der Gesprächspartner kommt oder welche Sprache er spricht. Denn diese für unser limbisches System so interessante Zwischentöne oder auch Frequenzen hören sich auf der ganzen Welt gleich an.
Diese Frequenzen hören Menschen
Der Frequenzbereich den Menschen hören können, hängt vom Alter ab. So können junge Menschen durchschnittlich einen Bereich von 16 und 20.000 Hertz hören und damit hohe und tiefe Töne, die ältere Menschen nicht mehr wahrnehmen. Ältere Menschen hören meist Frequenzen unter 5000 Hertz nur noch schwer bis gar nicht. Der häufigste Grund dafür ist die sogenannte Altersschwerhörigkeit.
Im Vergleich dazu: Hunde können Frequenzen hören die zwischen 15 und 50.000 Hertz liegen. Sie hören also Töne, die wir nicht wahrnehmen und nehmen alle Geräusche wesentlich lauter wahr.
Babys kommunizieren über die Stimmbetonung
Desto besser wir eine Person kennen, desto leichter kann unser Gehirn die Zwischentöne erkennen und verarbeiten. Denn dann haben wir bessere Vergleichswerte. So klingt das Geschrei eines Säuglings für haushaltsfremde Personen oft gleich. Doch Eltern können sehr schnell die Frequenzen hören und die unterschiedlichen Nuancen der Tonlage richtig deuten. Die Säuglinge setzen nämlich ihre Stimme anderes ein, je nachdem ob sie Zuneigung, etwas zu Essen oder eine frische Windel brauchen.
Damit unser limbisches System diese enorme Leistung erbringen kann, braucht es genug Informationen, die es über unser Gehör erhält. Damit dieses auch in der Lage ist, diese Informationen zu liefern, muss es auch die Frequenzen hören, die wir als Zwischentöne kennen. Dazu braucht man einen intakten Hörsinn. Sollten Sie in letzter Zeit das Gefühl haben, dass es Ihnen schwerer fällt, Menschen einzuschätzen, könnte es also durchaus an einer Schwerhörigkeit liegen. Achten Sie dann doch mal darauf, ob es Sie auch mehr Anstrengung kostet, Gesprächen zu folgen. Denn oft bleibt eine Schwerhörigkeit zunächst länger unerkannt. Deshalb empfehlen wir einen regelmäßigen Hörtest.
Sprechen Sie doch einfach mal mit einem Hörakustiker oder HNO-Arzt. Desto früher eine Schwerhörigkeit erkannt wird, desto besser können Sie danach beim gesprochenen Wort wieder zwischen den Zeilen lesen und Ihr Gegenüber richtig einschätzen.
Wie Sie Ihre Stimme gezielt einsetzen können, haben wir für Sie im Beitrag: die Macht der Stimme zusammengefasst.