Wer hört besser als Fledermäuse?
Gemeinhin gilt die akustische Wahrnehmung der Fledermäuse als die beste. Doch in Wirklichkeit hört die große Wachsmotte deutlich besser als jede Fledermaus.
Auf einen Blick
- Die Wachsmotte kann Töne bis zu einer Frequenz von 300 Kilohertz wahrnehmen
- Fledermäuse hören bis 212 Kilohertz
- Menschen nehmen nur 20 Kilohertz wahr
Auf dem Thron der Super-Ohren sitzt ein neues Tier. Die Fledermaus ist nicht länger die Königin im Reich des Hörens. Forscher haben ein Ohr entdeckt, das höhere Töne als Fledermäuse wahrnehmen kann. Die große Wachsmotte, ein Kleinschmetterling, kann Töne bis zu einer Frequenz von 300 Kilohertz hören.
Das Gehör, das Leben rettet: Warum hören Motten so gut?
Nach Untersuchungen einer Forschergruppe der University of Strathclyde in Glasgow kann die Große Wachsmotte von allen Tieren die höchsten Töne wahrnehmen. Die Forscher berichten im Fachmagazin „Biology Letters“, dass die Schmetterlingsart Galleria mellonella Töne bis zu einer Frequenz 300 Kilohertz hört.
Das übertrifft deutlich den Bereich der Ultraschallwahrnehmung von Fledermäusen, deren Frequenzgrenze bei rund 212 kHz liegt.
Genau das ist für die nachtaktiven Motten lebenswichtig. Denn Fledermäusen machen Jagd auf sie. Jedoch kann das Insekt deren Laute mit Leichtigkeit hören. Denn Fledermäuse kommunizieren nur mit Ultraschall-Tönen von bis zu 212 Kilohertz, die sie selbst noch empfangen können.
So funktioniert das Supergehör der Wachsmotten
Dabei ist das Hörorgan der Motten einfach aufgebaut. Es besteht lediglich aus einer schwingenden Membran und vier Hörzellen. Es wäre auch möglich, dass die Motten die extrem hohen Frequenzen nutzen, um untereinander zu kommunizieren. So könnten sie sich verständigen, ohne dass Fledermäuse sie aufspüren.
Unter Menschen ist die große Wachsmotte ist vor allem bei Imker bekannt. Denn sie legt ihre Eier in alte verlassene Bienennester, wo die Raupen schlüpfen und anschließend von Kotrückständen der Bienenbrut, Pollenresten und Bienenwachs leben. Auch die ausgewachsenen Larven verpuppen sich häufig in den Bienenwaben Für die Imkerei sind die Motten ein Schädling, weil sie auch Lager-Waben zur Vermehrung nutzen und dabei aufnagen.
Wer kann im Ultraschallbereich hören?
Während wir meistens in jungen Jahren den untersten Bereich des Ultraschalls noch als Fiepen hören können, ist uns Menschen das Wahrnehmen von Ultraschallwellen mit hohen Frequenzen über 20 000 Hz unmöglich. Viele Tiere hören Ultraschall, wie Hunde und Katzen. Delfine, Fledermäuse und Motten sind im Ultraschallbereich echte Hörmeister.
Die besten Ohren unter den Fledermäusen haben die Großen Hufeisennasen. Diese können durch ihr feines Gehör sogar die dünnsten Bindfäden oder die Flügelgröße ihrer Beute erkennen.
Manche Tiere wie etwa Elefanten, Giraffen und Blauwale können Schall im niedrigen, tiefen Teil des Frequenzspektrums als Infraschallwellen wahrnehmen. Sie nutzen solche tiefen Infraschalllaute, die besonders im Wasser eine hohe Reichweite haben, teilweise auch zur Kommunikation.
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Das menschliche Ohr im Vergleich
Ein Mensch hört im Vergleich zu diesen Tieren recht wenig – durchschnittlich lediglich ein Zehntel von Fledermäusen, nämlich nur Frequenzen von bis zu 20 Kilohertz. Die menschliche Stimme hat mit Obertönen etwa 80 Hz bis 12 kHz. In diesem Frequenzgang befinden sich Frequenzabschnitte für Sprachverständlichkeit, Betonung der Vokale und Konsonanten. Das menschliche Gehör wandelt diese akustischen Wellen in elektrische Impulse um. Diese werden in unserem Gehirn interpretiert und bekannten Tönen zugeordnet.
Menschliche Orientierung durch den Gehörgang
Ähnlich wie in der Tierwelt können unsere Ohren auch unsere Umgebung erkennen. Aus der Zeitdifferenz des zurückgeworfenen Schalls errechnet unser Gehirn blitzschnell die Richtung der Geräuschquelle. Besonders ausgeprägt ist diese Funktion bei Fledermäusen, die ihr Gehör als Radar zur Ortung von Gegenständen verwenden. Auch Menschen können diese Fähigkeit nutzen. Unser Gehör ist, wenn wir es trainieren, für unsere Orientierung effektiver und genauer als unsere Augen. Blinde Menschen können so erlernen, durch ihr Gehör, beispielsweise sogar wieder Mountainbike zu fahren.
Ein gutes Gehör ist für uns ebenso wichtig wie für die Große Wachsmotten. Wir werden zwar nicht von Fledermäusen gejagt, aber wir brauchen unsere Ohren für die lebenswichtige Kommunikation und Interaktion mit Anderen. Ein schlechtes Gehör kann bei Menschen deshalb zur Ausgrenzung aus Gruppen, schulischen und beruflichen Misserfolgen und einem erhöhten Risiko mit Hörverlust verbundener Gesundheitsfolgen führen. Deshalb ist es entscheidend, dass Sie bereits erste Hörbeschwerden von einem HNO-Arzt untersuchen lassen.
Ein Hörtest zeigt, wie weit ein Hörverlust bereits vorangeschritten und ob ein Hörsystem sinnvoll ist. Ein gutes Gehör ist für alle Wesen wichtig. Nicht umsonst hat die Evolution Motten-Superohren hervorgebracht – und uns Menschen mit etwa 14.000 Hörsinneszellen, den Haarzellen in der Hörschnecke, ausgestattet.
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