Schwerhörigkeit im Beruf: Wie Hörsysteme den Job erleichtern
Wer schlecht hört, für den ist der Arbeitsalltag oft anstrengender als für normalhörende Arbeitnehmer. Eine offene Kommunikation über die Hörminderung und moderne Hörsysteme helfen, auch mit Schwerhörigkeit im Beruf erfolgreich, produktiv und integriert zu sein.
Eine Schwerhörigkeit im Beruf ist in den meisten Fällen kein Hindernis für die Karriere und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dabei ist die Umgebung durchaus herausfordernd. Denn jede Arbeitsumgebung hat ihre individuellen Tücken, die schon für Normalhörende anstrengend sind:
- Laute Geräuschkulisse im Großraumbüro, aber auch auf Baustellen, im Handel, in der Produktion oder im Außendienst
- Besprechungen mit vielen Kollegen, die aus verschiedenen Richtungen durcheinander sprechen
- Telefonkonferenzen oder Online-Videobesprechungen
- Mittagspausen in vollen und lauten Räumlichkeiten
- Missverständnisse mit Kollegen oder Vorgesetzten
So wirkt sich unbehandelte Schwerhörigkeit im Beruf aus
Solange die Schwerhörigkeit mit Hörsystemen versorgt ist, die ein nahezu uneingeschränktes Hören ermöglichen, bereiten Hörsystem-Trägern auch solche Umgebungen meist keine Probleme. Ist die Schwerhörigkeit hingegen unversorgt oder sogar noch unentdeckt, stoßen Berufstätige immer wieder auf Schwierigkeiten am Arbeitsplatz.
Gemäß der EuroTrak Hörstudie 2025 vergehen bei etwas mehr als einem Viertel (26 %) der Befragten rund ein bis zwei Jahre zwischen der Diagnose eines Hörverlustes und einer Versorgung mit Hörgeräten. Bei 23 % sogar drei Jahre und ein weiteres Viertel (25 %) lassen ihre Hörminderung sogar erst nach vier bis sechs Jahren mit Hörsystemen versorgen. In dieser Zeit nehmen Betroffene über Jahre hinweg eine niedrigere Lebensqualität und berufliche Nachteile in Kauf.
Einen Arbeitstag mit eingeschränktem Gehör zu überstehen, ist sowohl körperlich als auch mental belastend. Menschen mit Hörminderung sind deshalb häufiger von psychischen Problemen betroffen als Normalhörende. Dazu gehören unter anderem Angstzustände, Depressionen, Burn-out, ein Gefühl der Überforderung sowie weitere aus diesen Erkrankungen resultierende gesundheitliche Probleme.
„Das funktioniert so nicht mehr“
Das kennt auch Pia, Botschafterin für die Kampagne „Das Leben gehört gehört“: „Ich habe acht Jahre im Bereich Grafikdesign gearbeitet, und da ist ja ordentlich Dampf auf dem Kessel. Da hab‘ ich gemerkt: Das funktioniert so nicht mehr. Telefonieren? Ging nicht. Teambesprechungen verfolgen? Nahezu unmöglich. Acht bis zehn Stunden täglich zu arbeiten, ist ja schon anspruchsvoll und anstrengend. Dazu on top noch Schwerhörigkeit ausgleichen – absolut überfordernd und kräftezehrend“, erzählt sie über ihre Schwerhörigkeit im Beruf.
„Irgendwann bin ich in ein tiefes Loch gefallen, bekam Panikattacken, hab mich komplett zurückgezogen, Menschenmengen oder Verabredung vermieden“, so Pia weiter. Erst Cochlea-Implantate gaben ihr die Lebensqualität im Privatleben und Beruf wieder zurück.
Arbeitgeber und Kollegen mit ins Boot holen
Eine unversorgte Schwerhörigkeit im Beruf ist anstrengend. Und zwar nicht nur für den hörgeschädigten Arbeitnehmer, der Signaltöne überhört, Gesagtes nicht gut versteht oder häufig nachfragen muss. Auch für Kollegen oder Vorgesetzte, die mit hörgeschädigten Menschen zusammenarbeiten, ist die Situation nicht immer einfach – vor allem dann, wenn sie auch privat keinerlei Berührungspunkte mit Schwerhörigkeit haben.
Organisationen wie „Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V.“ stellen Arbeitgebern sowie Kollegen von Menschen mit Schwerhörigkeit hilfreiches Informationsmaterial zur Verfügung, um über die Bedürfnisse von Betroffenen aufzuklären und die Kommunikation im Arbeitsleben zu verbessern.
Hörsysteme erleichtern den Job
Moderne Hörgeräte und Cochlea-Implantate unterstützen Menschen mit Schwerhörigkeit, im Arbeitsumfeld genau wie im Alltag produktiv und integriert zu bleiben. Laut der EuroTrak Hörstudie 2025 geben 96 Prozent aller Befragten an, dass sie durch ihre Hörsysteme im Job profitieren. 55 Prozent der Erwerbstätigen, die Hörgeräte tragen, sind zudem der Meinung, dass sie dank ihrer Hörsysteme länger berufstätig sein können.
Die moderne Technik erleichtert das Berufsleben deutlich und kann den Stress der Betroffenen reduzieren. So helfen Hörsysteme im Arbeitsalltag:
- Störgeräuschunterdrückung: Hörgeräte erkennen und unterdrücken störende Hintergrundgeräusche, sodass Träger den Fokus wieder auf die tatsächliche Arbeit legen können.
- Richtungshören und Sprachanhebung: Hörgeräte mit Richtmikrofonen können genau die Stimme der Person hervorheben, die gehört werden soll.
- Hörprogramme, Konnektivität via Bluetooth oder Telefonspule: Mit diesen Funktionen bekommen Hörsysteme-Träger Telefonate oder Online-Meetings direkt ins Ohr. Durch die Einstellungen des Hörakustikers lässt sich die Lautstärke individuell anpassen.
- Nachhallunterdrückung: Echoeffekte werden vom Hörgerät unterdrückt und das Gesprochene klar und deutlich ins Ohr weitergeleitet – besonders praktisch für Meetings in großen Räumen.
Tipps für gutes Hören im Berufsalltag
- Sprechen Sie mit Vorgesetzten und Kollegen offen und ehrlich über Ihren Hörverlust.
- Geben Sie ihnen Ratschläge, wie sie erfolgreich mit Ihnen kommunizieren können.
- Schaffen Sie Verständnis für Ihre Situation, indem Sie Fragen zum Thema Schwerhörigkeit beantworten und Beispiele geben, wie Sie bestimmte Situationen wahrnehmen.
- Verbessern Sie die akustische Situation an Ihrem Arbeitsplatz, etwa durch schallschluckende Trennwände und einen Platz weit weg von vielbefahrenen Straßen oder der Kaffeeküche.
- Technologien wie Bluetooth oder speziell gefertige Telefone können den Arbeitsalltag für Schwerhörige erleichtern.
- Informieren Sie Teilnehmer von Besprechungen und bitten Sie sie, deutlich zu sprechen und Sie beim Sprechen anzuschauen.
Hörsysteme erleichtern den Arbeitsalltag enorm und steigern das Wohlbefinden sowie die Lebensqualität. Hörsysteme-Träger, die von zu Hause oder im Büro arbeiten, benötigen dabei andere Einstellungen als jemand, der im Maschinenbau oder auf der Baustelle tätig ist.
Lassen Sie sich von einem Hörakustiker in Ihrer Nähe beraten – für individuelles Hören und besten Klang!