Tanzen mit Hörgeräten bringt Rhythmus ins Leben
Rhythmische Klänge verlocken viele Menschen zum Tanzen und dazu, sich zur Musik zu bewegen – auch Menschen mit Hörminderung bis hin zur Gehörlosigkeit. Denn beides ist kein Hindernis, ein Hobby oder einen Beruf mit Musik und Tanz auszuüben. Im Gegenteil: Tanzen mit Hörgeräten ist ein besonders intensives Erlebnis und die rhythmischen Bässe der Musik fühlen Gehörlose auch über ihren Körper.
„Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist, wenn der Boden unter den Füßen bebt“ – die Songzeilen von Herbert Grönemeyer aus dem Jahr 1983 sind auch heute noch populär. Sie beschreiben sehr gut, wie wir Musik mit unserem ganzen Körper fühlen: Zwar nehmen wir Musik vor allem über unsere Ohren wahr, die Schallwellen – vor allem Bässe – spüren wir aber auch über unser Zwerchfell und sogar über die Haut. Diese Tatsache ermöglicht auch Menschen mit einer unbehandelten Schwerhörigkeit bis hin zur Taubheit, den Rhythmus zu spüren.
Tanzen mit Hörgeräten? Kein Problem!
Eine unbehandelte Schwerhörigkeit kann die Leidenschaft zum Tanzen und zur Musik und die Karriere beeinträchtigen. Doch moderne Hörtechnologie kann Abhilfe schaffen und das Tanzen mit Hörgeräten zu einem besonders intensiven Erlebnis machen. Das erlebte auch Thomas Mettler. Er ist ein international bekannter Tänzer, Regisseur und ausgebildeter Pantomime. Bis er 64 Jahre alt ist, hat er trotz eines Hörverlusts von über 70 Prozent auf Hörgeräte verzichtet. Zunächst schränkte das seine Lebensplanung nicht ein: Mit Mitte 20 besuchte er eine Pantomimenschule in Paris, konzentrierte sich auf zeitgenössischen Tanz sowie Tanztheater und machte international Karriere. Insgesamt ist er über 40 Jahre als freischaffender Künstler, Gründer und künstlerischer Direktor tätig.
Doch ab 60 macht ihm seine unbehandelte Schwerhörigkeit zu schaffen: Missverständnisse häufen sich, er versteht Gesagtes nicht richtig und Mitmenschen sind in Gesprächen zunehmend irritiert. Ein Gang zum Hörakustiker bringt schließlich die Diagnose – und dank einer Versorgung mit Hörgeräten viel Lebensqualität zurück. Für Thomas Mettler haben die Hörgeräte nur Vorteile: Im Theater versteht er wieder alles und beim Tanzen mit Hörgeräten sitzen diese so zuverlässig, dass er sie noch nie verloren hat. Die geliebte Musik kann er seitdem noch intensiver mit allen Sinnen wahrnehmen und vertanzen.
Moderne Hörtechnologie hilft Musikliebhabern
War es früher noch schwierig, Musik und Frequenzen optimal abzubilden, sind Hörsysteme und Cochlea-Implantate dank einer hochentwickelten Chip-Technologie heutzutage in der Lage, Klänge sehr gut und sogar dynamische Töne in hoher Lautstärke in natürlicher Qualität sowie ohne Verzerrungen wiederzugeben.
Liebe zur Musik führt zum Cochlea-Implantat
Musik hören, auf Konzerte und Festivals gehen und selbst Musik machen mit seiner Band: Das Leben von Chris dreht sich um Musik. Mit 18 war Chris an Taubheit grenzend schwerhörig und konnte auch mit Hörgeräten kaum noch Sprache verstehen – eine Katastrophe für den Musikfan. Ersteviele Jahre später entschied er sich für ein Cochlea-Implantat (CI) – und damit für mehr Lebensqualität: Musik hörte sich schon am Abend der CI-Aktivierung wieder gut an. Bereits kurz darauf erfüllte er sich einen Kindheitstraum und gründete eine Band. Gesang oder Gitarrenklänge bekommt er beim Musikmachen mit dem CI dank In-Ear-Monitoring direkt ins Ohr und kann so auch in herausfordernden Situationen hervorragend hören.
Hier erfahren Sie mehr über die Geschichte von Chris: Botschafterserie – Das Leben gehört gehört.
Der Bass ist der Schlüssel
Auch die Nikita Dance Crew zeigt, dass Tanzen mit Hörgeräten oder Gehörlosigkeit problemlos funktioniert. Für Zuschauer ist kein Unterschied zu anderen Tanzgruppen bemerkbar, wenn die Tänzer der einzigen Tanzgruppe in Deutschland aus hörenden und nichthörenden Mitgliedern auftreten. Gründerin Kassandra Wedel ist selbst gehörlos und hat die Gruppe Anfang der 2000er Jahre gegründet, weil sie ein Angebot mit gut fühlbarer Musik oder Gebärdensprache vermisste. Wesentlich lauter ist die Musik in den Tanzstunden allerdings nicht, nur der Bass ist etwas stärker gestellt. So fühlen die Tänzer mit Hörbeeinträchtigung die Vibrationen besser in der Brust oder am Körper. Im Tanzstudio in der Sonnenstraße in München steht der Bass zusätzlich auf dem Parkettboden. So kann man ihn auch über die Füße spüren.
Jeder kann sich zur Musik bewegen
Im Jahr 2019 zeigt auch „Let’s Dance“-Kandidat Benjamin Piwko, dass Gehörlosigkeit kein Hindernis für gutes Tanzen ist: Bei der RTL-Live-Show kämpfte der 44-Jährige als erster gehörloser Kandidat mit 13 anderen Paaren um den Titel. Profi-Tänzerin Isabel Edvardsson zeigte ihm dafür Woche für Woche die Bewegungen, die er nachtanzte. Aufgrund seines fehlenden Gehörs ist Benjamin Piwko darauf sensibilisiert, auch kleinste Körperbewegungen zu registrieren, Klänge nimmt er über Schwingungen und Vibrationen wahr. Mit Hilfe des jeweiligen Liedtextes konnte er sich zudem in die Stimmung jedes Liedes einfühlen. Das Tanzpaar überzeugte Jury und Publikum so sehr mit ihrer Art, sich zur Musik zu bewegen, dass es die Final-Show erreichte und den dritten Platz belegte.
Bass verhilft gehörlosen Tänzern zum richtigen Rhythmus und Tanzen mit Hörgeräten sorgt für ein besonders intensives Erlebnis, das im wahrsten Sinne des Wortes direkt ins Ohr geht. Inzwischen gibt es sogar spezielle Hörgeräte und Software, die sich besonders gut für Musikliebhaber und Tänzer eignen. Erkundigen Sie sich einfach bei Ihrem Hörakustiker in Ihrer Nähe.