Insekten-Ohren: wenn das Ohr an Bein oder Bauch sitzt
Die Ohren vieler Säugetiere sitzen am Kopf. Doch das gilt nicht für alle Tierarten. Schallwellen kommen schließlich am ganzen Körper an. So kommt es, dass wir die Hörorgane von Insekten nicht dort finden, wo wir sie vermuten. Aber wie und wo hören Insekten?
Auf einen Blick
- Haben Insekten Ohren?
- Die Hörorgane von Insekten können überall am Körper vorkommen
- Können Spinnen hören?
- Überlebenswichtig für Insekten: Hörorgane zum Beutefang und zur Orientierung
Das Ohr von Insekten – noch nie gesehen? Kein Wunder, denn ihre Ohren, besser gesagt Hörorgane, sind von außen nicht direkt erkennbar. Sicher ist aber: Viele Insekten können hören. Ihr Gehör unterscheidet sich jedoch von unserem menschlichen Ohr.
Die Hörorgane von Insekten
Ein Ohr wie unseres sucht man bei Insekten vergeblich. Einige Insekten wie Falter und Heuschrecken besitzen jedoch Hörorgane, die unserem Ohr ähneln: Sie bestehen ebenfalls aus einer Art Trommelfell – einem Tympanum. Deshalb bezeichnet man sie als Tympanalorgan. Doch auch ein „Ohr“ in Form von Hörhaaren gibt es in der der Welt der Krabbeltiere, zum Beispiel bei Termiten und einigen Schmetterlingsraupen. Sie sind meist lang und sehr beweglich, um auf kleinste Schwingungen zu reagieren. Andere Insekten, wie Silberfischchen, Stechmücken und andere geflügelte Insekten, hören Schallwellen mit dem Johnstonschen Sinnesorgan. Schnellfliegende Insekten wie Wespen orientieren sich damit im Raum, ähnlich wie wir Menschen mit unserem Gehör, und messen mit ihm sogar die Fluggeschwindigkeit.
Das menschliche Ohr
Unser Ohr besteht aus dem Außen-, dem Mittel- und dem Innenohr. Zum Außenohr gehören unter anderem die Ohrmuschel und der Gehörgang. Das Mittelohr beginnt am Trommelfell. Dahinter liegt die Paukenhöhle. Hier befinden sich die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel. Im Innenohr liegt die Hörschnecke, die Cochlea. Sie enthält das eigentliche Hörorgan. Eine Schallwelle trifft auf das Ohr, wird von der Ohrmuschel durch den Gehörgang zum Trommelfell geleitet und lässt es vibrieren. Diese Schwingung übertragen sich über die Gehörknöchelchen weiter zur Hörschnecke. Sie enthält Haarzellen – Sinneszellen mit winzigen Härchen. Sie wandeln die Vibration in elektrische Impulse um, die sie an den Hörnerv weiterleiten. So gelangt das Signal in unser Gehirn, das die Information verarbeitet: Wir hören.
Ohren am ganzen Körper
Die Hörorgane von Insekten können an mindestens zwanzig verschiedenen Körperstellen vorkommen. Bei Grillen sitzen die Hörorgane an den Vorderbeinen; bei anderen Insekten sind sie am Hinterleib, an der Brust oder am Bauch. Sehr praktisch sind auch Hörorgane an den Füßen, so absurd sich das für uns Menschen auch anhören mag: Viele Insekten müssen ihre Nahrung mühsam suchen, da sich die Beute unter Laub und Baumrinde versteckt. Wenn sich diese Insekten über den Boden bewegen, nehmen sie mit den Füßen Schallwellen wahr, die ihre Beute verursachen – und finden sie. Die Hörhaare der Schmetterlingsraupen sitzen über den gesamten Körper der kleinen Tiere verteilt – für ein Rundum-Hören als Schutz vor Fressfeinden. Das Johnstonsche Organ sitzt hingegen in den Fühlern – und damit am Kopf.
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