Der erstaunliche Hörsinn von Mücken

Der erstaunliche Hörsinn von Mücken

Von Frühjahr bis Herbst hören wir das unverkennbare Geräusch, vor allem nachts: Das Summen einer Stechmücke. Obwohl das Geräusch bei vielen zu nächtlichen Jagden nach den Blutsaugern führt, lohnt sich ein Blick auf ihre Ohren: Denn Mücken haben Superohren.

Auch, wenn man sie nicht auf den ersten Blick sehen kann: Viele Insekten haben Ohren – diese sehen nur nicht aus wie menschliche Ohren oder die Ohren von Säugetieren. Und so nehmen nicht nur wir Menschen das leise Summen der Stechmücke wahr, auch die Mücke selbst kann besser hören, als bislang angenommen.

Die Ohren gespitzt – der Liebe wegen

Gute Ohren brauchen beispielsweise Gelbfiebermücken vor allem für ihr Liebesleben – und zwar im Dunkeln, denn Stechmücken sind nachtaktiv. Der Fortbestand ihrer Art hängt also davon ab, wie gut die Männchen den summenden Flügelschlag eines Weibchens hört. Im Schwarm erkennen sie die Weibchen am tieferen Flugton. Und nur, wenn das klappt, kann eine Paarung stattfinden. Um Weibchen aufzuspüren, verlassen sich die Mückenmännchen auf feine Härchen an ihren Antennen, die Vibrationen der Luft und damit auch Schallwellen wahrnehmen – ihre „Ohren“. Lange dachten Forscher, dass das nur funktioniert, wenn die Weibchen diese Schallwellen in kurzer Distanz zum Männchen erzeugen.

Doch neuere Forschungen (Hoy et al.: The Long and Short of Hearing in the Mosquito Aedes aegypti) zeigen, dass Mücken ähnlich wie Springspinnen Schallwellen mit ihren Hörorganen auch über größere Entfernungen hinweg registrieren: Mückenmännchen reagierten auch dann auf die Flügelschläge von Weibchen, wenn diese mehrere Meter weit entfernt waren.

Hörsinn von Mücken und Menschen: Verschieden und doch ähnlich

Bei weiteren Experimenten, in denen das Hörzentrum der Mücken gezielt stimuliert wurde, zeigt sich schließlich: Die Mücken hören mit ihren Hörorganen über Distanzen von bis zu zehn Meter hinweg, wofür sonst in der Regel ein Trommelfell nötig ist. Dies verdeutlicht die enorme Leistung des eigentlichen Gehörs der Insekten, dem „Johnston’schen Organ“. Es umfasst ungefähr 15.000 Rezeptorzellen, die ringförmig um die Basis der fein behaarten Antennen angeordnet sind. Sie wandeln die Schallwellen, welche die Härchen aufnehmen, in elektrische Impulse um. Damit kann das Hörorgan der Mücken sogar mit der menschlichen Hörschnecke, der Cochlea, mithalten, die über rund 16.000 Rezeptorzellen verfügt.

Mit ihrem Gehör nehmen die Mücken Frequenzen zwischen 150 und 500 Hertz wahr. Das entspricht nicht nur den Flügelschlägen der Weibchen, sondern auch menschlichen Sprechfrequenzen. Noch ist nicht belegt, ob der Hörsinn von Mücken auch dafür eingesetzt wird Nahrungsquellen aufzuspüren – und damit uns Menschen. Fest steht, dass sie auf die von Menschen ausgehenden Gerüche und Wärme reagieren. Das Gehör wäre hier eine zusätzliche Hilfestellung, um beispielsweise die Position sprechender Menschen genauer bestimmen zu können.

Aus einer Mücke einen Elefanten machen – aber im positiven Sinne!

Noch mehr faszinierende News aus dem Tierreich: „Hallo Rita, hi Max!“: Forscher vermuten im Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“, dass sich Elefanten mit namenähnlichen Rufen bzw. Lauten ansprechen, um miteinander zu kommunizieren. Dass einige Tierarten sogenannte funktionale Rufe für bestimmte Nahrungsquellen oder ein bestimmtes Raubtier nutzen, ist bereits bekannt. Diese Rufe sind aber normalerweise angeboren. Doch Elefanten rufen zum Beispiel auch, um Kontakt zu einem weit entfernten Elefanten aufzunehmen oder um einen anderen zu begrüßen. Das Forscherteam beobachtete dabei unter anderem die Reaktion von Afrikanischen Elefanten auf Rufe von Artgenossen. Wurden sie selbst angesprochen, näherten sie sich dem rufenden Elefanten schneller und antworteten zudem lauter als bei Rufen, die nicht an sie gerichtet waren.

Mückenbekämpfung übers Hören

Der Hörsinn von Mücken hat nicht nur Vorteile für die Tiere – nämlich dann, wenn Menschen ihn zur Mückenbekämpfung gegen sie verwenden. Schlüssel hierfür ist der Botenstoff Octopamin, der entscheidend dafür ist, wie Mücken hören: Erkennen Männchen die Weibchen am tieferen Flugton, spielen dafür auch bestimmte Octopaminrezeptoren im Hörorgan eine besondere Rolle. Eine zur Schwarmzeit erhöhte Octopaminaktivität sorgt dafür, dass die Mückenmännchen „ihre Ohren spitzen“: Die Antennen versteifen sich und die feinen Härchen auf ihnen stellen sich auf, um den Schall besser einzufangen – die Mücken hören besser.

Forschende der Universität Oldenburg und des University College London (Georgiades et al.: Hearing of malaria mosquitoes is modulated by a beta-adrenergic-like octopamine receptor which serves as insecticide target, Nature Communications) konnten nachweisen, dass diese Reaktionen der Männchen auch dann auftreten, wenn sie dem Pflanzenschutzmittel Amitraz ausgesetzt werden, einem schwach giftigen Insektizid. Es wird normalerweise gegen Zecken und Parasitenmilben eingesetzt und aktiviert den Octopaminrezeptor künstlich. Über die Wirkung gibt es verschiedene Theorien: Sind die Mückenmännchen diesem Mittel außerhalb ihrer üblichen Paarungszeit ausgesetzt, könnte es die Tiere möglicherweise so sehr verwirren, dass die Mücken während der Dämmerung nicht mehr hören können und somit kein Weibchen zur Paarung finden – die Vermehrung wird eingedämmt und der Bestand geht zurück. Möglich ist aber auch, dass ein Molekül des Mittels den Octopaminrezeptor hemmen kann und so den für das Paarungsritual wichtigen Hörsinn von Mücken einschränkt.

Obwohl es nicht laut ist, ist das nächtliche Summen einer Stechmücke für viele Menschen eines der unangenehmsten Geräusche überhaupt. Wieso störende Geräusche, die uns belasten, nicht laut sein müssen, lesen Sie hier.

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