Bessere Darstellung von Hörminderung in Film und Fernsehen
Über 1,5 Milliarden Menschen weltweit sind von Hörverlust betroffen. Dennoch war diese Thematik in Film und Fernsehen lange nahezu tabu. Erst in den letzten Jahren rücken Schwerhörigkeit und Hörgeräte verstärkt ins Rampenlicht. Dies trägt dazu bei, Vorurteile abzubauen und die gesellschaftliche Wahrnehmung zu verändern. Realistische Darstellungen machen Mut und zeigen, dass Hörverlust ein normaler Teil des Lebens ist.
Die verstärkte Präsenz von Schwerhörigkeit in Film und Fernsehen bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Sie verbessert die gesellschaftliche Integration von Betroffenen, normalisiert den Einsatz von Hörgeräten und Cochlea-Implantaten im Alltag und sensibilisiert zugleich für die Bedeutung einer frühzeitigen Behandlung einer Schwerhörigkeit. Eine realistische Darstellung kann Hemmschwellen abbauen und Menschen dazu ermutigen, offen über ihr Gehör zu sprechen.
Schwerhörigkeit selten thematisiert
Eine Studie aus dem Jahr 2015 analysierte die Darstellung von Schwerhörigkeit im US-Fernsehen zwischen 1987 und 2013. Das Ergebnis war ernüchternd: Schwerhörigkeit wurde nur selten thematisiert. War dies der Fall, erfolgte die Darstellung häufig in negativem Kontext – als „komisch, peinlich, einsam oder bedrohlich für die eigene Arbeit“. Diese Verzerrungen trugen dazu bei, dass eh schon bestehende Stigma rund um Hörverlust in der Gesellschaft weiter zu verstärken. Über die Jahre hat sich diese Darstellung jedoch verändert, denn mittlerweile ist Inklusion in Film und Fernsehen zur Norm geworden.
Neue Impulse durch vielfältige Charaktere
Film und Fernsehen integrieren immer häufiger Figuren mit Schwerhörigkeit, oft in zentralen Rollen. In dem erfolgreichen Film „A Quiet Place“ von 2018 und seiner Fortsetzung 2020 spielt die gehörlose Schauspielerin, Millicent Simmonds, die Hauptrolle. Die Handlung dieser Filme thematisiert Hörverlust auf eindrucksvolle Weise und zeigt die Bedeutung moderner Hörtechnologien wie Cochlea-Implantaten.
Ein weiteres Beispiel ist der Boxfilm „Creed“. In diesem „Rocky“-Ableger hat die Frau des Hauptdarstellers eine fortschreitende Schwerhörigkeit, trägt Hörgeräte und kommuniziert regelmäßig in der Gebärdensprache. Eine Kolumnistin der Teen Vogue, die selbst Hörgeräte trägt, schrieb: „Creed II ist einer der ersten Filme, die ich je gesehen habe, in dem die Erfahrung der Schwerhörigkeit auf nuancierte Weise dargestellt wird“. Und auch in der Netflix-Serie „Das Signal“, die im März 2024 veröffentlicht wurde, ist eine der Hauptfiguren gehörlos und trägt ein Cochlea-Implantat.
Auch in Deutschland wird das Thema in Film und Fernsehen immer öfter behandelt. Beispielsweise in „Du sollst hören“ aus dem Jahr 2022. In dem Film geht es um einen auf wahren Tatsachen beruhenden Gerichtsprozess, der sich um die Zwangsimplantierung von Cochlea-Implantaten bei dem kleinen Mädchen Mila dreht. Die Rollen von Milas Eltern werden von Anne Zander und Benjamin Piwko gespielt, beide sind selbst gehörlos. Mittels akustischer Effekte, wie plötzlicher Dämpfung aller Geräusche, wurde in dem Film versucht, die besondere Wahrnehmung gehörloser Menschen greifbar zu machen.
ARD verbessert Sprachverständlichkeit mit Tonspur „Klare Sprache“
Die ARD hat ihr HD-Programm um eine sprachoptimierte Tonspur erweitert: Seit 2022 bietet sie im Hauptprogramm Das Erste HD sowie in mehreren Dritten Programmen wie BR, hr, mdr, NDR, Radio Bremen, rbb, SR, SWR, WDR, tagesschau24, KiKA, One und ARD alpha das barrierefreie Format „Klare Sprache“ an. Die Tonspur „Klare Sprache“ ergänzt den regulären Stereo-Programmton um ein speziell aufbereitetes Audiosignal, das die Sprachverständlichkeit deutlich verbessert:
- Hintergrund- und Nebengeräusche sind reduziert, wodurch die Dialoge besser verständlich sind.
- Die sprachoptimierte Tonspur lässt sich an jedem HD-Fernsehgerät einstellen.
- Klare Sprache ist in allen HD-Programmen der ARD verfügbar und über Satellit, Antenne, Kabel sowie im Livestream zu empfangen.
- Auch in der ARD Mediathek sind Sendungen mit der zusätzlichen Tonspur verfügbar.
Auf der Webseite zur Tonspur „Klare Sprache“ finden Interessierte eine Anleitung, welche Einstellungen sie an ihrem Gerät vornehmen müssen, um die Tonspur zu nutzen.
Für Menschen, die in ihrem Alltag und u.a. beim Fernsehen bemerken, dass ihr Gehör nachlässt und sie in Gesprächen oft nachfragen müssen oder den Fernseher lauter stellen, sollten unbedingt zur Abklärung einen HNO-Arzt aufsuchen und einen Hörtest machen. Das Angebot der ARD sollte nicht dazu führen, dass Menschen durch den optimierten Ton den Gang zum Arzt verschieben. Liegt die Indikation für eine Schwerhörigkeit vor, ist es wichtig, diese mit Hörsystemen zu versorgen, denn dann ist das Hörverstehen für alle Situationen im Alltag optimal eingestellt und nicht nur, wenn “Klare Sprache” aktiviert ist.
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Auch das ZDF engagiert sich in seiner Kampagne „Barrierefrei für alle“ für einen Zugang für alle Menschen zu seinem Programm. So wurden beispielsweise in der „Giovanni Zarella Show“ am 24. August 2024 zwei gehörlose und eine schwerhörige Person mit sogenannten „Soundshirts“ ausgestattet, mit denen sie die Musik der Show über vibrierende Sensoren spüren konnten.
Darüber hinaus bietet das ZDF eine Vielzahl an Videos und Filmen mit Untertiteln und Gebärdensprache an.
Schwerhörigkeit als Teil des Alltags
Obwohl sich die Darstellung von Schwerhörigkeit in Film und Fernsehen deutlich verbessert hat, gibt es noch Lücken. Eine authentische Darstellung von Hörverlust in Film und Fernsehen trägt nicht nur zur Normalisierung im Alltag bei, sondern auch dazu, die Möglichkeiten moderner Hörtechnologien bekannter zu machen. Sie zeigt, dass Hörverlust ein integraler Bestandteil des Lebens ist – und niemand allein damit ist.
Viele unserer Helden aus Film und Fernsehen tragen Hörgeräte und Cochlea-Implantate. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Beitrag „Filmhelden mit Hörgeräten“.